Privates Internetsurfen am Arbeitsplatz kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (mit Praxistipp)

PseudonymisierungIn seiner Entscheidung vom 7.7.2005 (Az: 2  AZR 581/04) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass eine außerordentliche Kündigung im Einzelfall in folgenden Fällen ausgesprochen werden kann:

  • Bei privater Nutzung des Internets entgegen eines ausdrücklichen Verbots oder nach einer einschlägigen Abmahnung
  • Bei Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme („unbefugter download“), insb. wenn damit einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierungen oder anderer Störungen des – betrieblichen – Betriebssystems verbunden sein können oder andererseits von solchen Daten, bei deren Rückverfolgung es zu möglichen Rufschädigungen des Arbeitgebers kommen kann, z.B. weil strafbare oder pornografische Darstellungen heruntergeladen werden
  • Bei privater Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses als solcher, weil durch sie dem Arbeitgeber – zusätzliche – Kosten entstehen und der Arbeitnehmer die Betriebsmittel – unberechtigterweise – in Anspruch genommen hat
  • Bei privater Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internet während der Arbeitszeit, weil der Arbeitnehmer während des Surfens im Internet zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt und dadurch seine Arbeitspflicht verletzt.

Das Bundesarbeitsgericht hat aber betont, dass diese Auflistung nicht abschließend ist.

Es ist auch nicht in jedem Falle zuvor eine Abmahnung auszusprechen. Denn – so das BAG – müsse jedem Arbeitnehmer klar sein, dass er mit einer exzessiven Nutzung des Internet während der Arbeitszeit seine arbeitsvertraglichen Haupt- und Nebenpflichten erheblich verletzt. Es bedürfe daher in solchen Fällen auch keiner Abmahnung.

Was ist nun, wenn in einem Betrieb eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der privaten Internetnutzung fehlt? Das BAG stellt nochmals klar, dass in solchen Fällen eine private Nutzung des Internet grundsätzlich nicht erlaubt sei.

Aus einer möglichen Berechtigung zur privaten Nutzung des Internet folge noch nicht, dass der Arbeitnehmer das Medium intensiv während der Arbeitszeit nutzen darf. Selbst wenn im Einzelfall eine private Nutzung des Internet an sich erlaubt bzw. geduldet sei, lasse sich daraus nicht zwingend schließen, diese Nutzung dürfe auch während der Arbeitszeit zeitlich unbegrenzt bzw. in erheblichem Umfang und nicht nur außerhalb der Arbeitszeit, z.B. während der Pausen, erfolgen.

Praxistipp…

…für Arbeitgeber: Es ist sicherlich eine Geschmacksfrage, ob man eine private Internetnutzung am Arbeitsplatz verbieten möchte. Rein rechtlich gesehen hat ein Verbot – neben den bereits oben beschriebenen – mehrere Vorteile: Sie verhindern, dass Sie gegenüber Ihrem Arbeitnehmer Provider werden und einen sog. Teledienst anbieten. Dies bedeutet nämlich, dass die Vorschriften des Teledienstedatenschutzgesetzes (TDDSG) und– hinsichtlich der privaten Kommunikation, z.B. E-Mail – das Fernmeldegeheimnis beachten müssen. Bei einer „wissentlichen Duldung“ der privaten Nutzung trotz Verbots kann es passieren, dass die private Nutzung durch sog. „betriebliche Übung“ erlaubt wird.

…für Arbeitnehmer: Grundsätzlich ist bei der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz, auch wenn sie erlaubt ist, Zurückhaltung geboten – wie das Urteil des BAG zeigt. Denn eine übermäßige private Nutzung kann dennoch zu einer Kündigung führen. Im Zweifel kann Ihr Arbeitgeber recht einfach feststellen, in welchem Unfang Sie das Internet nutzen und kann Sie unnötig in Erklärungsnot bringen. In einem Fall fand der Arbeitgeber beispielsweise heraus, dass einer seiner Mitarbeiter „Chatkönig“ in einem Chatforum geworden war – wegen der meisten Online-Zeit…

(RA Steinle, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht, Externer Datenschutzbeauftragter (IHK), Karlsruhe)