Damit bei der Durchführung einer werblichen Ansprache per Telefonanruf keine Abmahnung aufgrund wettbewerbswidrigen Verhaltens, aufgrund eines rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetrieb oder einfach nur eine Beeinträchtigung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts droht, muss bei Ansprache eines Verbrauchers dieser gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG zuvor in die Werbemaßnahme ausdrücklich eingewilligt haben. Bei einer Werbemaßnahme gegenüber einem „sonstigen Marktteilnehmer“ (sprich: einem Unternehmer/Unternehmen) muss zumindest eine mutmaßliche Einwilligung erfolgt sein.
Bei Faxwerbung ist stets im b2b oder b2c-Bereich eine vorherige ausdrückliche Einwilligung erforderlich, bei E-Mail-Werbung auch (Ausnahme: es liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG vor, siehe Beitrag hier).
Das Einholen der Einwilligung – das hört sich einfach an, ist es aber oftmals nicht. Denn oftmals reicht es eben nicht aus, sich nur über die Erforderlichkeit eines „opt-in“ oder eines „opt-out“ Gedanken zu machen. Die Tücken können im Detail liegen, insbesondere in der Formulierung der Einwilligung und den erforderlichen Inhalten einer solchen Einwilligung.
Dies mach wieder einmal eindrucksvoll eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Entscheidung vom 18.07.2012, Az. VIII ZR 337/11) deutlich, welche sich zwar auf Telefonwerbung bezieht. Die Entscheidung ist aber 1:1 auf Telefax und E-Mail-Werbung übertragbar:
Der BGH hatte in der Klage eines Verbraucherverbands über folgende Klausel in einem von der Beklagten verwendeten Auftragsformular zur Stromlieferung zu entscheiden, welche vom Ausfüllenden auch aktiv anzukreuzen war:
„□ Ich bin einverstanden, dass mich e. auch telefonisch zu seinen Produkten und Dienstleistungen sowie weiteren Angeboten, die im Zusammenhang mit Energie (Strom, Gas) stehen, informieren und beraten kann.“
Das Berufungsgericht, das OLG Frankfurt/Main, war der Auffassung, dass diese in den Auftragsformularen der Beklagten enthaltene Einverständniserklärung des Kunden zur Telefonwerbung ungeachtet ihrer Fassung als sogenannte „Opt-in“-Klausel gegen das hierauf anwendbare Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoße, welches auf die vorformulierte Einwilligungserklärung als Allgemeine Geschäftsbedingung anwendbar sei. Die Formulierung „zu seinen Produkten und Dienstleistungen“ umfasse bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung alle Produkte und Dienstleistungen der Beklagten, also auch solche, die in keinem Zusammenhang mit Energie stünden. Außerdem könne die Formulierung „sowie weiteren Angeboten, die im Zusammenhang mit Energie (Strom, Gas) stehen“ auch als Zustimmung zur Bewerbung mit Angeboten Dritter oder Partnerunternehmen der Beklagten verstanden werden. Ein solches Verständnis werde jedenfalls durch die vorangegangene Nennung der eigenen Produkte und Dienstleistungen nahe gelegt. Die dadurch bedingten Unklarheiten über den Umfang der Einwilligung führten dazu, dass die Klausel den Transparenzanforderungen nicht genüge, weil für den durchschnittlichen Verbraucher nicht zu erkennen sei, auf welche Produkte und Dienstleistungen sich seine Einwilligung beziehe.
Diese Ansicht des OLG Frankfurt bestätigt der BGH in seiner Entscheidung in allen Punkten:
„Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der vorformulierten Einwilligung des Kunden in Telefonwerbung der Beklagten zusteht, da diese Einwilligungserklärung gegen das Transparenzgebot verstößt (§ 1 UklaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
a) Zutreffend und von der Revision nicht beanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die vorformulierte Einwilligung eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt. Mit Rücksicht auf ihren Schutzzweck sind die §§ 305 ff. BGB auch auf eine vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärung des anderen Teils anzuwenden, die im Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis steht (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 – VIII ZR 348/06, BGHZ 177, 253 Rn. 18 mwN).
b) Entgegen der Ansicht der Revision genügt die Klausel nicht den Anforderungen des Transparenzgebots. Denn für den Kunden ist nicht hinreichend klar, für welche Angebote die Werbeanrufe erfolgen dürfen.
Die Einwilligung in eine Werbung mit einem Telefonanruf im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG setzt eine gesonderte – nur auf die Einwilligung in die Werbung mit einem Telefonanruf bezogene – Zustimmungserklärung des Betroffenen voraus (BGH, Beschluss vom 14. April 2011 – I ZR 38/10, K&R 2011, 400 Rn. 9; vgl. auch Senatsurteil vom 16. Juli 2008 – VIII ZR 348/06, aaO Rn. 27 – 30). Dieses Erfordernis einer ausdrücklichen Einwilligung sorgt dafür, dass sich sowohl der einwilligende Verbraucher als auch das Unternehmen, das aufgrund dieser Einwilligung anrufen will, von vornherein im Klaren darüber sind, dass ein Anruf zu Werbezwecken im konkreten Fall erlaubt ist (BT-Drucks. 16/10734, S. 13). Eine vorformulierte Erklärung muss daher hinreichend konkretisiert sein, damit der Kunde erkennen kann, auf welche Werbeinhalte sich die Einwilligung bezieht und wer durch die Einwilligungserklärung zur Werbung ermächtigt wird (Jankowski, GRUR 2010, 495, 500; Ohly in Piper/Ohly/ Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 5. Aufl., § 7 UWG Rn. 54; Koch in Ullmann jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 7 UWG Rn. 233; Seichter, jurisPR-WettbR 7/2009 Anm. 5). Diese Anforderungen erfüllt die streitgegenständliche Klausel nicht, weil bei den in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten unklar bleibt, worauf sich die Einwilligung des Kunden bezieht.
Der Kunde kann der Klausel nicht entnehmen, ob die Beklagte nur Werbung für ihre Produkte und Dienstleistungen machen oder auch Werbeanrufe für Angebote von Drittunternehmen tätigen darf. Zwar ist die Auslegung möglich, dass Drittunternehmen nicht erfasst sind. In diesem Fall bezöge sich der Relativsatz erläuternd auf die Produkte, Dienstleistungen und weiteren Angebote der Beklagten. Dadurch, dass in der Klausel eine Aufteilung erfolgt in „seine Produkte und Dienstleistungen“ und „weitere Angebote“ ist aber auch die Auslegung möglich, dass letztere auch von einem Drittunternehmen stammen können.“
Auf den Punkt gebracht:
Eine (vorformulierte) Einwilligungserklärung muss in ihrer Formulierung so klar und eindeutig sein, dass ein „Missverstehen“ der Klausel oder eine andere Auslegung als die intendierte nicht möglich ist. Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders der Einwilligung.
RA Steinle, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht, Externer Datenschutzbeauftragter (IHK), Karlsruhe